Interview mit dem Orthopäden prof. Peter Koch

Interview mit dem Orthopäden prof. Peter Koch

Die Endoprothetik ist eine der herausragenden Errungenschaften der modernen Medizin. Dr. Koch, wie bewerten Sie die historische Entwicklung der Endoprothetik?

Die Endoprothetik ist tatsächlich eine solch wichtige Errungenschaft und bedeutet wohl eine der wichtigsten medizinischen Therapien zur Wiedererlangung der Lebensqualität der Patienten. Die Knieendoprothetik selbst ist erst etwa 40 Jahre alt und hat sich enorm entwickelt. Ob eine Prothese letztendlich gut ist sieht man allerdings erst nach 15 bis 20 Jahren, weshalb aktuelle Verbesserungen vorsichtig zu beurteilen sind.


Wann ist es Ihrer Meinung nach notwendig sich einer Operation des Knie- oder Hüftgelenkes zu unterziehen? / Muss der Patient für eine Endoprothesen-Operation bestimmte Voraussetzungen mitbringen?

Eine Endoprothese soll in erster Linie Schmerzen lindern, in zweiter Linie die Funktion eines Gelenkes verbessern. Beide Aspekte gelingen der Hüftprothese besser als der Knieprothese, da das Knie ein komplexeres Gelenk ist, eine Funktionseinschränkung vom Patienten viel schneller verspürt wird. Der Patient sollte bei guter Gesundheit sein, es dürfen keine Infektionsherde bestehen wie zB. ein eitriger Zahn, ein infizierter Zehennagel, offene Beine (Ulcera) – dies erhöht das Infektionsrisiko bei einer Prothesenoperation!


Welche Arten von Prothesen gibt es?

Beim Knie unterscheiden wir Teilprothesen von der Totalprothese. Bei Teilprothesen kann wird nur ein Kompartiment des Knies (Innen- oder Aussenkompartiment, patellofemorales Kompartiment zwischen Oberschenkelrolle und Kniescheibe) ersetzt. Bei den Totalprothesen gibt es wiederum verschiedene Möglichkeiten der Stabilisierung, wobei die wissenschaftlich nachgewiesenen Unterschiede gering sind und es nicht „die beste“ Knieprothese gibt. Bei den Hüftprothesen gibt es zwar auch sehr viele verschiedene Designs, die Funktionsweise der Prothese ist aber meistens die gleiche.



Welche Materialien werden für eine Prothese verwendet? Welche Materialen verwenden Sie sehr häufig in Ihrer Arbeit und warum? Wie hat sich das im Verhältnis zu früher geändert und was machen die jetzigen Materialien möglich?

Die Grundmaterialien sind meist eine Legierung aus Chrom/Kobalt/Nickel, zT. Titan, das mobile Zwischenstück ist ein Kunsstoff, Polyethylen genannt. Bei der Hüftprothese wird häufiger Titan angewende, die Hüftköpfe können aus der Metalllegierung sein oder aus Keramik.


Wie lange hält nach Ihrer Erfahrung ein künstliches Gelenk? Können Sie hierzu Zahlen nennen?

Grosse Langzeitstudien zeigen dass eine Knieprothese bei 80% der Patienten auch nach15-20 Jahren noch implantiert ist, sofern es nicht in den ersten zwei Jahren zu Komplikationen gekommen ist. Auch in der Hüftprothetik kann mit 20 Jahren gerechnet werden. Ob die neueren Implantate auch so gut sind ist wahrscheinlich mehr von der Aktivität der Patienten abhängig als vom Design der Prothese, so weiss man heute dass bei Patienten unter 50 Jahren eine Prothese weniger lange hält als bei älteren Patienten – dies wegen der Aktivität!


Verwenden Sie bestimmte Techniken und wenn ja, welche?

Wir verwenden oftmals die Technik mit patientenspezifischen Schnittblöcken, das heisst speziell angefertigte Instrumente die eine Prothesenimplantation effizient und präzise machen.


Welche Chancen eröffnen sich den Patienten Ihrer Meinung nach durch eine Endoprothese?

Mit einer Endoprothese will man eine Schmerzfreiheit oder zumindest Schmerzarmut erreichen, um auf diese Weise die Funktion eines Gelenkes wieder herstellen zu können. Ziel ist es, dem Patienten wieder mehr Lebensqualität zurückzugeben.


Wie bereitet man den Patient für eine Operation vor? Was muss man nach der OP beachten?/ Wie können sich Patienten am besten auf eine gelenkersetzende Operation vorbereiten?

Vor dem Eingriff sollte der Patient gesund sein, nicht in Rekonvaleszenz stehen aufgrund einer zB. durchgemachten Erkrankung. Die Blutwerte sollten in der Norm liegen, insbesondere die roten Blutkörperchen. Eine kurzer Check beim Hausarzt ist sicherlich sinnvoll, insbesondere wenn der Patient schon eine längere Krankengeschichte hat, eventuell sogar eine Blutverdünnung nehmen muss. Gerade auch Schäden an den Zähnen sollten vor einer Prothesenoperation saniert werden. Nach dem Eingriff gilt es, bei drohenden Infektionen (eitriger Zahn, eingewachsener Zehnennagel, Hautabszess oder offene Beine) sofort seinen Hausarzt aufzusuchen und eine korrekte Behandlung einzuleiten, um nicht eine Infektion der Prothese zu riskieren.


Wie lange dauert eine gelenkersetzende Operation im Allgemeinen und wie lange braucht ein Patient, bis er sich von einer Endoprothesen-Operation erholt hat

Eine Knieprothesenoperation dauert etwa eine bis eineinhalb Stunden. Der Patient darf voll belasten von Beginn weg, braucht jedoch anfangs die Gehstöcke. Sobald er will und kann können die Stöcke weggelassen werden, im allgemeinen werden diese etwa 2 Monate benutzt. Wichtig ist die Physiotherapie zu Wiedererlangung einer guten Kniebiegung – dies im Gegensatz zur Hüftprothesenoperation, wo die Physiotherapie weniger wichtig ist.


Welche Risiken birgt eine gelenkersetzende Operation und wie hoch schätzen Sie das Risiko aufgrund Ihrer praktischen Erfahrung ein?

Die Operation selbst hat nur noch geringe Risiken. Am meisten Respekt haben wir vor Protheseninfektionen, das Risiko beträgt ca. 1% bei den Hüftprothesen und ca. 1-2% bei den Knieprothesen. Infektionen sind auch der häufigste Grund von Revisionsoperationen. Hauptproblem gerade bei den Knieprothesen ist die Tatsache, dass die Patienten nicht immer schmerzfrei werden – man rechnet etwa dass bei 20% der Patienten auch ein Jahr nach der Operation noch Restbeschwerden bestehen, etwa die Hälfte davon, also 10%, sind nicht zufrieden mit der Operation. Das tönt nach wenig, ist aber eigentlich viel.


Gibt es heute auch minimal-invasive Maßnahmen? Welche sind diese und wann werden sie angewendet?

In der Hüftprothetik sind minimal-invasive Operationstechniken der Standard und haben sich durchgesetzt. In der Knieprothetik hat man es versucht, wirkliche Vorteile zeigten sich nicht, hingegen ist zeigten sich Probleme bei der Präzision, weshalb wieder davon abgekehrt wurde.


Sind Rehabilitationsmaßnahmen notwendig und wenn ja, welche?

Nach einer Knieprothesenoperation ist die Physiotherapie sehr wichtig, einerseits um die Beweglichkeit wieder zu erlangen, andererseits um den Kraftaufbau und damit die Belastbarkeit des Knies zu fördern.


Welche Maßnahmen müssen Patienten für ihre Rückkehr nach Hause treffen?

Wichtig ist die Organisation von Physiotherapie-Sitzungen. Auch ist der Patient noch nicht so mobil, und benötigt sicherlich Unterstützung im Haushalt. Eine Blutverdünnung (Thromboseprophylaxe) muss allenfalls durch den Hausarzt kontrolliert werden.


Sind nach der Operation Nachkontrollen erforderlich und wenn ja, wie oft?

Wir führen standardmässig eine Kontrolle zwei Monate nach der Operation durch. Dabei wird das Kniegelenk beurteilt, wie es geschwollen ist, wie gut die Beweglichkeit ist. Eine Röntgenkontrolle zeigt zudem die aktuelle Situation. Bei normalem Verlauf folgt dann eine Jahreskontrolle, und bei wiederum problemloser Situation eine 5-Jahres und danach eine 10-Jahreskontrolle. Sollten früher oder zwischen den Terminen Probleme auftreten, werden die Kontrollen natürlich vorgezogen.


An welchen Projekten arbeiten Sie momentan? Wie halten Sie sich fachlich auf dem Laufenden?

Ich bin weiterhin am Projekt mit patientenspezifischen Instrumenten (patient-specific instruments, oder PSI) beschäftigt, habe darüber bereits publiziert. Als Mitglied der European Knee Society bin ich zudem am Puls der aktuellen Entwicklung in der Kniechirurgie.

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